Ihnen das Land entreißen
Die ganze Politik ist falsch und wird irreführend als "Demokratie" bezeichnet. Denn die Demokratie ist etwas anderes, die wahre Demokratie kann nicht von rechts kommen, sie ist links. Wir sind hier, weil wir uns 2010 vorstellen wollen, mit der Hoffnung, eine andere Art des Politikmachens zu schaffen, eine, die uns vereint und nicht trennt, von unten und links, für eine Regierung, die gehorchend befiehlt. Denn wir fühlen die Notwendigkeit, uns zu organisieren, etwas zu tun, um dieses System des Todes und der Ausbeutung zu verändern, deswegen sind wir hier. Vielleicht aber quälen viele der hier Anwesenden einige Fragen: Müssen wir dabei gegen das Gesetz verstoßen? Gewalt anwenden? Müssen wir etwas riskieren? Wie weit könnte ich bei so etwas mitgehen? Was können wir wirklich tun? Nun, in diesem Forum wollen wir klarere Ideen entwickeln, was wir bezüglich der Konjunktur 2010 machen könnten. Wir müssen auf nationaler und internationaler Ebene die Situation des Landes analysieren, Erfahrungen überdenken, unsere Stärken und Schwächen, unsere Möglichkeiten und Grenzen analysieren. Mögliche Strategien, Allianzen und Aktionen definieren, das ist unsere Aufgabe. Vielleicht können wir nicht all das in diesem Forum abschließen, aber wir können damit vorankommen, mit etwas müssen wir beginnen. Denn die von Oben verstehen keine Vernunft, deswegen meiden sie den Dialog und setzen sich mit Gewalt durch, wie auch immer die Argumente liegen. Deswegen sagte auch eine große Persönlichkeit unserer Revolution, Ricardo Flores Magón, dass die Gewalt nicht mit Vernunft zu besiegen ist, sondern Gewalt wird mit Gewalt besiegt. Denn es genügt weder, intelligent zu sein, noch genügt es, im Recht zu sein. Denn wenn Wahrheit und Gerechtigkeit nicht mit Tatsachen durchgesetzt werden, sind sie nur ein Wortspiel. Die einzige Art, wie wir als Volk unsere Situation des Kniefalls vor den Mächtigen verändern können, ist es, auf intelligente Weise zu zeigen, dass wir stärker sind als die von oben. Und dass wir noch ein Recht haben, welches uns verboten wird, nämlich das Recht, ärgerlich zu werden. Heute blüht der Zorn der Franzosen in ihren Forderungen nach einem besseren Frankreich, in der ersten Welt. Angesichts der Schutzmaßnahmen für die Bänker erhebt sich auch der Zorn der US-Amerikaner dort, in der Kriegsmacht Nummer 1. In Argentinien gehen die Menschen auf die Straße und erzwingen mit den Kochtöpfen in der Hand den Fall mehrerer Präsidenten. In Bolivien erheben sich die Menschen und vertreiben die multinationalen Konzerne. Und in Mexiko, wo die Betrügereien viel weiter reichen als in den USA, wo viel mehr Armut herrscht als in Frankreich, wann werden die Mexikaner aufwachen? Natürlich, wir sind nicht in der gleichen Situation, und auch nicht am gleichen geografischen Ort, und auch diesen Aspekt müssen wir auf diesem Forum analysieren. Aber wenn es keinen Zorn gibt, wenn es keine Entrüstung gibt, wird es keine Revolution geben. Es muss uns egal sein, ob wir als gewalttätig bezeichnet werden. Was auch immer wir gegen dieses System unternehmen, wird ohnehin gewalttätig genannt werden. Und das wird es auch sein. Aber wir müssen mit dem Gewalt-Tabu brechen und endlich begreifen, dass wir keinen friedlichen, rosaroten oder schmerzfreien Wandel erhoffen können, denn wenn wir einen wirklichen Wandel wollen, wird der nicht so geschehen. Wir haben Angst, die Arbeit zu verlieren, Angst, nicht für unseren alltäglichen Lebensunterhalt aufkommen zu können, unsere Schulden nicht bezahlen zu können, denn wir haben alles auf Kredit gekauft, zu mehr hat es nicht gereicht. Angst davor, was sie sagen werden. Angst davor, unterdrückt, gefoltert, getötet zu werden. Angst davor, eingesperrt zu werden. Angst davor, dass jeden Moment unsere Familie vergewaltigt, verschwunden, verstümmelt, ermordet werden kann. Ergebnis dessen ist, dass die Angst das ganze Land gelähmt hat, ja, hier verlieren wir schon, denn ihr sollt wissen, dass es Andere nicht gewagt haben, zu diesem Forum zu kommen. Denn die Angst verliert man auch, indem man sich in den Kampf stürzt. Und wenn man zum Schlimmsten bereit ist, dann werden, so glaube ich, viele Hindernisse besiegt. Vaterland oder Tod, sagten die Kubaner, und besiegten den unbesiegbaren Batista, machten sich unabhängig. Deswegen kann heute wie gestern, in Mexiko wie in Kuba, die beste Waffe des Volkes der Sieg über die Angst sein. Und außerdem stinkt die Angst auch, und der Tyrann erstarkt dadurch. Aber wir müssen ihnen das Land mit einer schnellen Aktion entreißen. Wir können nicht einen langen Weg wie die FARC wählen, das Ziehen und Zerren, denn damit werden wir dem Land nur noch mehr Schaden zufügen. Und die Menschen müssen sich in Aktionen auf verschiedenen Ebenen einbringen können, denn aus diversen Gründen können nicht alle das gleiche. ZIVILER UNGEHORSAM Und was ist all das, was sie uns aufgezwungen haben? Es ist die Sklaverei des Arbeiters vor einem Herrn. Die Sklaverei der Kredite, der kleinen Rechnungen. Die Sklaverei der Arbeitslosigkeit. Es sind die Steuern von allem, was gehandelt wird, denn sie haben schon alles verkauft, was dem Land Einnahmen gebracht hat, und jetzt bleiben ihnen nur unsere löchrigen Taschen, um sich ihre ungeheuren Gehälter zu zahlen, um die nationale Wirtschaft voranzubringen. Für die große soziale Veränderung, die wir hier vorhaben, ist das, was wir vorschlagen, nicht viel. Größtenteils besteht der zivile Ungehorsam daraus, etwas nicht tun: Wähle nicht. Zahle ihnen nichts. Zahle deine Schulden in den Kaufhäusern nicht, zahle in den Banken nicht, zahle keine Steuern, zahle keine Strafen; wenn du ein Auto hast, zahle keine Steuern dafür. Wir sollten keine Skrupel haben, dass wir uns ethisch nicht korrekt verhalten, denn sie haben die Ungerechtigkeit und den legalisierten Raub zur Ethik erhoben. Sie haben uns Mexikanern nämlich schon viel geraubt. Aber wir werden sie dafür noch zur Kasse bitten, und sie werden uns dafür bezahlen. Natürlich bringt der zivile Ungehorsam Risiken mit sich, vor allem, wenn nur wenige mitmachen. Aber es ist sinnvoll, dem zivilen Ungehorsam Vertrauen zu schenken. Dieser Ungehorsam ist es, was die Mächtigen wirklich fürchten. Deswegen bemühen sie sich, uns zuvorzukommen und den Ungehorsam nicht zuzulassen, denn das würde einen Machtverlust bedeuten . es ist bereits abzusehen, dass sie für 2010 von oben viele Reformen und Unterstützungen planen, um den Zorn der Bevölkerung zu besänftigen. Geben wir ihnen dazu keine Möglichkeit. ULTIMATUM 2010 Lasst uns die Menschen aufrufen, sich zu erheben und den Staub von den Knien abzuklopfen. Die Macht in die Hände des Volkes zu nehmen. Lasst uns denen da oben sagen, dass sie ihre Koffer packen können, denn 2010 werden wir ihnen das Land entreißen, das sie von uns entführt haben. Aus diesem Forum soll ein Ultimatum für all jene hervorgehen. Sie sollen wissen, dass wir hinter ihnen her sein werden, dass wir sie verfolgen werden, denn das Volk hat auch seine eigene Liste, und jetzt sind sie an der Reihe, im Gefängnis zu sitzen, sie müssen eigentlich dort sein. Nun, als Teil des Programms für 2010 muss es eine "Hexenjagd" geben. Wir können uns nicht mit einer einzigen Einnahme der öffentlichen Räume begnügen, das reicht nicht, wir müssen immer vorwärts gehen, sie verfolgen, bis sie gehen oder bis die Rechtssprechung des Volkes sie einholt. Die Liste ist fertig, erstellt von der Geschichte selbst, und jetzt muss sie nur noch auf Papier geschrieben und verteilt werden, damit sie erfüllt wird. Aber dieser Kampf gegen die Regierung erfordert, dass wir uns unweigerlich mit der Hauptstadt dieser Republik in Verbindung setzen müssen. Es müssen landesweit gut abgestimmte Aktionen erdacht werden, denn lokale isolierte Aktionen werden wenig nützen. Ich möchte den Compañeros, die uns von dort besuchen, vorschlagen, dass wir eine Möglichkeit finden, dieses Forum in Mexiko-Stadt zu wiederholen, so bald wie möglich, und die hier erzielten Ergebnisse mit anderen Organisationen und Kollektiven diskutieren, damit noch weitere Vorschläge für 2010 gehört werden können. Wie schon der kubanische Poet und Befreiungskämpfer José Marti sagte: Rechte werden weder erbeten noch erbettelt, sie werden genommen, sie werden entrissen. Und auch die zapatistischen Compañeros sagen, dass wir nicht um Erlaubnis dafür bitten müssen, frei zu sein. Das ist alles, Compañer@s, danke. Juan Castro Soto |