Worte des Subcomandante Insurgente Moisés
Die kapitalistische Welt ist ein befestigter Großgrundbesitz

Mittwoch 12. April 2017


Gute Nacht, guten Abend, guten Tag,
je nachdem, wo ihre uns hört!

Brüder, Schwestern, Compañeros, Compañeras:


Was ich euch erzählen werde, ist nichts, was ich meine, sondern das, was uns unsere Urgroßväter und Großväter und Urgroßmütter und Großmütter erzählt haben.

Ich sprach mit einem unserer Urgroßväter der sagt, dass er 140 Jahre alt ist. Nach meiner Rechnung scheint es mir, dass er um die 125 Jahre alt ist. Man muss sich seinem Ohr schon sehr nähern, damit er hört, was du ihn fragst.

Es waren ungefähr 20 Urgroßväter und Urgroßmütter, mit denen ich gesprochen habe. Wir haben sie gefragt – denn es waren auch Compañeros des Comité Clandestino dabei – und daher ist der Teil, den der Sub Galeano soeben angekündigt hat, ein Tatsachenbericht darüber, was sie uns erzählt haben.

Ein Beispiel, die Ziegel, die sie seinerzeit für die Gutsherren – das heißt, die Eigentümer der Haziendas, die Großgrundbesitzer, den Patron, wie sie ihn nennen - machten, dafür mussten sie Säcke mit Pferdekot herbeischaffen. Der wird dann getrocknet. Nach dem Trocknen wird er mit einem Holzstock zerkleinert und dann geformt. Dafür wird er mit Lehm vermischt, um die Ziegel zu formen, Mauerziegel oder Lehmziegel, mit denen die Patrone, die Großgrundbesitzer ihre Häuser bauten.

Der Urgroßvater sagt, dass er sich erinnert, denn das war eine "tarea". Tarea heißt, dass jeder einzelne eine bestimmte Anzahl von Säcken überbringen muss. Das mussten sie erfüllen, auch wenn das Pferd nicht mehr konnte, sie mussten dann die Säcke selber tragen, das Wasser ist ihnen den Rücken hinunter geronnen. Es müssen so viele Säcke überbracht werden, wie der Patron befohlen hat.

So haben sie gelernt, auch ihre Häuser so zu bauen. Ganz gleich. Sie sagen dazu Lehmmauer oder bajareque. Das heißt, sie haben es ebenso gemacht, nur kleiner, doppelt so klein.

Alsdann, was ich euch noch erzählen werde, kommt von dort, woher unsere Ideen kommen, als Zapatistas, die wir sind, wir sehen und studieren, wie es uns jetzt geht und die, die uns ausbeuten. Daher zusammenfassend, ich werde euch das erzählen, denn das wird uns helfen zu verstehen, wie es früher war und wie es heute ist, und wie es sein wird, was kommen wird.

Alsdann, so sagen unsere Großväter, Urgroßväter, Urgroßmütter und Großmütter: Der Patron ist der Eigentümer des Großgrundbesitzes, vieler Großgrundbesitze, vieler Besitztümer. Alle Patrone haben ihre Vorarbeiter, Verwalter und Aufseher. Die drei, vier und der Patron.

Es heißt, dass es Großgrundbesitze mit einer Größe von 20.000 und 25.000 Hektar gibt. Und es gibt unterschiedliche Arten von diesen Großgrundbesitzen. Da gibt es die, die nur Kaffee anbauen. Und dann gibt es welche, die haben Kaffeeplantagen, Rinderzucht, Mais, Bohnen, Zuckerrohr etc. - kurz gesagt, unterschiedliche Arbeiten.

Sie erzählen uns auch, wie ihre Ausbeutung funktioniert. Sie erzählen, dass es Großgrundbesitzer, Gutsherren oder Plantagenbesitzer gibt, die ihnen nie etwas gezahlt haben. Ihr ganzes Leben lang haben sie ihnen ihre Arbeit gegeben. Andere erzählen, dass sie nur den Sonntag für sich hatten, alle anderen Tage gehören dem Patron. Wieder andere erzählen uns, dass eine Woche für den Patron, eine Woche für sich selbst gearbeitet wurde. Das ist aber ein Trick, eine List, denn – so erzählen sie uns – von der Woche, die angeblich für sie selber, für unsere Großväter und Urgroßväter war – also die Ernte dieser Woche (sei das Bohnen, Mais, einige Tiere, die sie aufziehen) wenn sie das verkaufen, müssen sie die Hälfte dem Patron geben und daher bleibt ihnen nur die andere Hälfte.

Sie erzählen uns, wenn der Patron wissen möchte, ob seine Viehherde vollzählig ist, dann müssen sie ihm diese bringen, sie müssen die Tiere herantreiben und sie in den Pferch bringen. Dann erzählen sie, wenn eines der Tiere des Patrons fehlt, müssen sie es suchen gehen und sie müssen es tot oder lebendig beibringen. Wie überzeugt sich der Patron, das heißt der Besitzer, dass das Vieh tot ist? Sie müssen ihm ein Stück der Rinderhaut bringen, damit der Patron glaubt, dass sein Tier wirklich tot ist. Wenn sie das Vieh nicht finden, müssen sie weitersuchen, bis sie es finden, sei es verendet oder lebend.

Und der Patron, wenn es ans Verkaufen geht, dann stellt er die Arbeiter in Gruppen zusammen, und jede muss eine bestimmte Anzahl von Tieren transportieren. Die Gruppen bestehen aus zehn oder zwanzig Personen, Männer, und jede hat eine bestimmte Anzahl von Rindern, die sie treiben müssen. Der Patron zählt sie vor dem Losziehen und nochmals bei der Ankunft dort, wo er die Tiere haben möchte. Jede Person muss die komplette Anzahl übergeben. Wenn er nicht alle überbringt, dann müssen sie oder der Verantwortliche der Gruppe das zahlen.

Sie erzählen uns, dass der Stall aus Steinen gemacht ist, wenn der Patron das so will. Oder aus Holz, welches mit der Axt bearbeitet wurde. Und sie sagen, dass es nur Holz vom Kern sein darf. Das heißt, das härteste Holz, damit es nicht fault. Sie nehmen kein weiches Holz, der Patron akzeptiert das nicht.

Sie erzählen uns auch, wenn er die Schweine zum Verkauf bringt (nicht den Patron, sondern das Tier: die Sauen, die Ferkel, das Borstenvieh halt), da macht er es ebenso wie beim Rindvieh. Nur mit einem Unterschied, so erzählen die Großväter und Urgroßväter. Sie sagen, dass sie das Rudel bei Nacht transportieren müssen, weil die Schweine unter der Hitze leiden. Daher ist ihre Lampe, wir nennen das Fokus, der Kienspan. Sie nehmen ein Büschel an Kienspänen mit, damit diese als Licht für den nächtlichen Marsch dienen. Ebenso hier, jeder Verantwortliche hat eine bestimmte Anzahl von Schweinen. Und wenn sie am Tag weitergehen wollen, dann müssen sie Wasser mitschleppen, um die Tiere zu benetzen, das heißt, sie müssen abgekühlt werden, damit sie die Hitze überstehen.

Die Frauen erzählen uns, die Großmütter und Urgroßmütter erzählen, dass der Patron macht, was er will. Zum Beispiel, so sagen die Großmütter und Urgroßmütter, wenn es sich um Schwerarbeit handelt, müssen das die verheirateten Frauen erledigen. Was ist das für eine Arbeit? Kaffee mahlen, Salz mahlen, säckeweise. Und dann erzählen sie uns, da gehen die Mütter mit ihren Kindern hin, und das Salz wird mit dem metate, dem Mahlstein zerkleinert. Und da sind die Vorarbeiter, die Verwalter, die Aufseher, der Patron und die Patrona. Die Frauen haben ihre Babys dabei, aber sie dürfen ihre Babys die sie auf ihrem Rücken tragen nicht füttern, und es weint und weint, aber da ist der Patron, der zusieht und sie muss ihre "tarea", das heißt, eine gewisse Anzahl von Säcken erledigen. Daher ist es so, dass erst dann, wenn der Patron oder die Patrona aufs Klo gehen müssen, dann kann die Mama den Augenblick ausnützen, um ihr Kind zu stillen.

Sie erzählen uns, dass der Patron verlangt, dass nur junge Mädchen für diverse Arbeiten in seinem Haus auf der Hazienda eingeteilt werden. Aber eine der Tricks des Patrons besteht darin, dass er ein junges Mädchen aussucht und sagt: "Ich möchte, dass du mein Schlafzimmer machst, das Bett". Und wenn das Mädchen ins Schlafzimmer geht, kommt auch der Patron, um sie zu vergewaltigen. Aber er wählt sie aus. Und sie sagen auch, dass er sie packt, wann immer er will.

Sie erzählen uns auch das, was ich euch bereits sagte, dass sie den Kaffee mahlen, das Salz. Die Bezahlung, die der Patron leistete, waren drei Stück Rindfleisch, aber totes. Das ist die Bezahlung.

Sie erzählen uns auch, dass auch die Kinder arbeiten müssen. Niemand kommt davon. Sie nennen das "Torwart", aber das ist nicht der Torwart vom Fußballspiel, sondern sie haben das einfach so genannt, "Torwart". Die Arbeit dieser sechsjährigen Kinder besteht im Mahlen des Nixtamal ohne Kalk, das ist das Futter für die Hunde, Schweine und Hühner. Wenn sie damit fertig sind, müssen sie Wasser tragen, oft haben sie das auf dem Rücken geschleppt mit einem Fass, so erzählen sie uns. Das Fass ist aus Holz, in das ein Loch, eine Vertiefung gemacht wird, kurz gesagt, es wird perforiert. 18 bis zwanzig Liter fasst so ein Fass. Das müssen die Kinder tragen, damit der Patron seine Hände darin waschen kann, damit er sich baden kann, kurz gesagt, was immer er halt damit machen will. Wenn sie damit fertig sind, werden sie mit dem Holzholen beauftragt. Wenn das erledigt ist, müssen sie den Mais entkernen.

Sie erzählen, auch die alten Männer, die nicht mehr auf dem Feld arbeiten können, die alten Frauen … niemand kommt davon. Die alten Männer bekommen eine Pflanze, die wir "ixchte" bezeichnen. Was die alten Männer dann machen müssen, ist das Abschaben, damit der Faden freigelegt wird. Eine Gruppe macht das, das Abschaben. Und eine andere Gruppe von alten Männern formt die Fäden zu Schleifen. Und eine andere Gruppe von alten Männern macht die Netze. So sieht die Fließbandarbeit der alten Männer aus. Und die alten Frauen? Eine Gruppe zerzupft die Baumwolle. Eine andere Gruppe macht daraus den Faden, und eine andere Gruppe webt, um den Baumwollstoff herzustellen. Und dieses Stoffstück ist das, was dann unsere Urgroßväter und Urgroßmütter kaufen, um sich zu verhüllen. Sie erzählen, dass die Kleidung, die sie benützten, nur dafür ausreichte, um die wichtigsten Teile zu bedecken, nicht mehr, nicht so wie heute.

Sie erzählen uns von der Strafe. Es gibt unterschiedliche Strafen. Eine davon besteht darin, dass der Patron Mais und Bohnen vermischt. Dann schüttet der Patron das auf den Boden und sagt, dass du Mais und Bohnen auseinander klauben musst. Er weiß – so erzählen sie uns – der Patron, dass du das nicht schaffen wirst. Denn er gibt auch die Zeit vor. Und bezüglich der Zeit, die der Patron vorgibt, da sagt er: "Ich werde ausspucken, solange es dauert, bis mein Speichel trocknet, so lange hast du Zeit um Mais und Bohnen auseinander zu klauben". Na, wie soll man das schaffen?

Alsdann, weil man diese auferlegte Strafe nicht erfüllen kann, gibt es daneben schon ein vorbereitetes Feld, wo der Patron Steinchen zusammensammeln ließ. Dort muss man sich dann hinknien, denn du hast es nicht geschafft, Mais und Bohnen zu trennen. Dort musst du dich hinknien. Und du darfst solange nicht aufstehen, solange es dem Patron nicht recht ist. Wenn du aufstehst heißt das, dass du deine Strafe nicht akzeptiert. Daher, wenn du das aushältst, dann ist das der Moment der Peitsche. Ich erzähle es genauso, wie es die Großväter erzählt haben. Sie sagten, dass der Patron, wenn ein Stier verendete, den Schwanz des Stiers herausnehmen ließ, sie trockneten ihn und das war dann die Peitsche, mit der sie ihre Arbeiter auspeitschten. Wenn du also dort kniest, kommt der Patron, um dich auszupeitschen und du darfst dich nicht erheben, denn, so sagen sie – sie erzählen uns - wenn du aufstehst, dann kommt es noch schlimmer. Und sie sagen – sie erzählen uns - dass du aufstehen musst, wegen des Schmerzes durch das Auspeitschen und wegen der Schmerzen in den Knien, die du nicht mehr erträgst, und da musst du aufstehen.

Und wenn du dann aufstehst, sind da schon die Aufseher, die Verwalter und die Vorarbeiter, die dich packen und mit beiden Händen und Füssen an den Balken des Hauses festbinden, bis dem Patron die Lust vergeht, dich auszupeitschen oder bis sie merken, dass – so erzählen die Großväter – einer mit Wunden übersät und halbtot ist. Das heißt, dass du ohnmächtig wirst, kurz gesagt, zusammenbrichst. Und erst dann lässt der Patron von dir ab.

Sie erzählen uns, dass alle Arbeiten als Akkordarbeit ausgeführt werden müssen. Es gibt nichts, was man nicht im Akkord macht. Und das immer mit den Vorarbeitern, Aufsehern und Verwaltern. So erzählen sie uns zum Beispiel über die Kaffeeplantage. Wenn die Zeit der Kaffeeernte kommt, müssen alle mitarbeiten, und es ist im Akkord, die Menge die du abgeben musst. Und die Kinder, die nicht können, also die zu klein sind, um die Kaffeebohnen auf den Kaffeestauden zu erreichen, die müssen vom Boden aufsammeln. Wenn die Kaffeeernte vorüber ist, dann kommen die anderen Arbeiten: eine Gruppe muss die Kaffeeplantage reinigen, das heißt, den Berg; eine andere Gruppe macht das, was "encajado" genannt wird, das heißt um jede Kaffeepflanze müssen sie ein Viereck graben, wo dann der Dünger hinein kommt, eine andere Gruppe ist für die Reinigung der Kaffeestauden zuständig, denn die Stauden haben kleine Erhebungen in ihren Zweigen, und die müssen alle entfernt werden. Und unsere Großväter und Urgroßväter sagen – sie erzählen uns - dass man das mit der Hand nicht machen kann, was sie daher machen ist, einen Maiskolben anzünden, denn er ist wie eine scharfe Schneide, wenn der Kolben entzündet wird und damit schneiden sie, denn der Vorarbeiter kommt um zu überprüfen, ob alles richtig gemacht wurde. Denn wenn dem nicht so ist, musst du es nochmals machen. Und wenn du es nicht machst, die Strafe.

Sie erzählen auch, dass eine andere Gruppe mit dem Schneiden der Kaffeestauden beauftragt ist, es dürfen weder Schmarotzerpflanzen noch Ausbuchtungen auf den Kaffeepflanzen verbleiben. Sie erzählen auch, dass es eine andere Gruppe gibt, die sie "Schattenentferner" nennen. Es ist so, über den Kaffeestauden gibt es Bäume, da müssen sie den Schatten wegnehmen, gerade so viel wie nötig ist, so wie es der Patron befiehlt.

Sie erzählen uns auch, dass alle Großgrundbesitze die es gab, die es gibt – denn es gibt noch immer welche – immer eine Eremitage haben, so erzählen sie. Also, zur Gebetsstunde, wenn alle hingehen, dann dürfen unsere Urgroßväter sich nicht auf diese Sessel und Bänke setzen, die es dort gibt. Wenn sie es wagen, sich dort hinzusetzen, dann werden sie mit Stößen vertrieben. Und der Pfarrer, der schaut zu und sagt nichts dazu. Dort setzen sich nur die Patrone hin und jene, die Mestizen sind. Und wenn sie, die Urgroßväter sich setzen wollen, dann auf den Boden.

In den Städten – so erzählen sie uns – erlauben sie nicht, dass unsere Urgroßväter und Urgroßmütter das Wenige, das sie anbieten können, verkaufen. Sie erzählen uns, das ist deshalb, weil sie das Stadtbild verschandeln. Sie erlauben ihnen nicht, dass sie ins Zentrum gehen. Dafür versperren die Mestizen die Stadtzugänge. Dort nehmen sie ihnen alles ab, wenn sie es doch wagen oder wenn sie ihnen nicht zahlen, was sie verlangen.

Die Urgroßväter erzählen uns, dass es zu der Zeit keine Straßen gab, nur Pferdewagen. Wenn dazumal die Frau des Patrons auf den Großgrundbesitz, auf den Landsitz wollte, dann nimmt sie nicht den Pferdewagen, denn schlussendlich: "Das Tier ist ein Tier, es denkt nicht". Sie könnte ja einen Unfall erleiden, die Frau des Patrons. Also haben sie folgendes gemacht: eine Gruppe geht in die Stadt, um die Frau des Patrons hinzutragen. Aber außerdem müssen sie auch Waren mitbringen, daher wechselt sich die Gruppe die Last ab. Und wenn sie auf der Hazienda ankommen, am Landsitz, dann fragt man die Frau, ob ihr wohl auch nichts passiert ist. Und außerdem fragen sie die Träger, ob es wohl keinen Unfall gab. So ging es, sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg.

Und eine Menge anderer Dinge haben sie uns erzählt. So haben sie uns zum Beispiel den Centavo gezeigt, mit dem sie seinerzeit bezahlt wurden. Sie erzählen, als der Patron anfing, ein wenig zu zahlen, verdienten sie an einem Tag einen Centavo. Sie zeigten ihn uns. Sie erzählten uns auch, dass sie die schlechte Behandlung nicht mehr aushielten. Sie sagen, dass sie dann versuchten, sich zu organisieren, dass sie Land suchten, wo sie hingehen können um dort zu leben. Und da haben die Patrone, die Großgrundbesitzer erfahren, dass sie von ihren Gutshöfen geflüchtet waren, und sie begannen nachzuforschen, wohin sie gingen. Und die Urgroßväter erzählen uns, dass die Patrone sich als Soldaten verkleideten. Sie kommen dann und vertreiben und zerstören und zünden die kleinen Häuser an, die sie bauen, und in denen die Urgroßväter und Urgroßmütter leben wollten.

Sie erzählen, dass es ihnen so erging. Und dass sie selber entdeckten, dass sich der Patron als Soldat verkleidete, denn einer der Urgroßväter war auf verschiedenen Gutshöfen. Und sie erzählen, dass sie ihre kleinen Keuschen zerstörten, und sie mussten sich versammeln, diejenigen, die das Dorf gründen wollten und die Soldaten fragten sie: "Wer hat das angezettelt? Wenn ihr nicht sagt, wer das angezettelt hat, dann werdet ihr alle zusammen bestraft werden". Und da sagten sie: "Der und der ist es gewesen", welcher der Anführer für die Flucht von der Hazienda war, um ein anderes Leben zu suchen. Da sagten sie: "Du musst 50 Pesos bezahlen". Und sie erzählen uns, um 50 Pesos zusammenzubringen – ich habe euch das Jahr gesagt, denn der Urgroßvater sagt, dass er 140 Jahre alt ist, das heißt, wir reden von einer Zeit vor 140 Jahren – und wie gesagt, sie sagen uns, um 50 Pesos zusammenzubringen, braucht es ein Jahr.

Und dann haben sie gesehen, dass es schwierig ist, dass jemand die Initiative ergreift, um sich vom Leiden zu befreien. Aber sie erzählten uns auch, dass sie damals bemerkten, dass es so ist, und dann haben sie beschlossen, nicht zu sagen, wer es war, sondern sie sagten, es war die ganze Gruppe. Sie bauten alles wieder auf, also zuerst suchten sie ein anderes Gelände und dann bauten sie ihre Häuschen, aber jetzt sind es alle zusammen, die das anführen. Nicht mehr, dass ein einziger der Anführer war. Das heißt, sie wurden ein Kollektiv. So hat es begonnen, einen Platz zu finden, wo sie leben konnten.

Nun denn, warum erzählen wir das alles? Wir Zapatistinnen und Zapatisten sehen, dass wir heute wieder in dieselbe Situation hineinschlittern. Im heutigen Kapitalismus gibt es keine Länder mehr. So sehen wir es. Der Kapitalismus wird die Welt in einen Großgrundbesitz verwandeln. Er wird zerstückeln und zerstören, so wie es jetzt schon ist, wir sagen das Land Mexiko, das Land Guatemala – so wie wir sagen. Aber es wird nur eine Gruppe sein, nur aus Patron und Regierung bestehend. Alle jene, die sagen, dass ist die Regierung vom Peña Nieto …. Na, na, sagen wir. Das ist keine Regierung mehr. Denn der, der befiehlt, ist nicht mehr der, der befiehlt. Es befiehlt der Patron Kapital. Diese Regierungen, die sich so bezeichnen: die vom Peña Nieto, von Guatemala, von El Salvador und alle anderen, alle sind sie Aufseher. Die Verwalter: die Regierungschefs. Die Bürgermeister sind die Vorarbeiter. Alles ist zum Dienst am Kapitalismus bestimmt.

Wir sehen, dass es daher nicht allzu viel des Studierens bedarf um zu sehen, wie es steht. Denn zum Beispiel dieses Gesetz, das neue Gesetz der Struktur, neues Strukturgesetz, das sie hier in Mexiko machten, wir glauben nicht, dass es die Abgeordneten und Senatoren waren, die das machten. Das schlucken wir nicht. Das hat der Patron diktiert: der Kapitalismus. Denn sie sind es, die das neuerlich machen wollen, wie das die Urgroßväter von denen auch gemacht haben. Aber jetzt ist es noch schlimmer.

Daher sprechen wir prinzipiell darüber. Wir sagen zum Beispiel, dass Absalón Castellanos Domínguez, Ex-General, hier in Chiapas Großgrundbesitze hatte und er hatte oder hat Großgrundbesitz in Oaxaca. Wir sprechen von fünftausend oder zehntausend Hektar. Hier und jetzt ist der Kapitalismus ein Großgrundbesitz, wenn der kapitalistische Patron sagt: "Ich fahre auf meinen Großgrundbesitz Mexiko, ich fahre auf meinen Großgrundbesitz Guatemala, ich fahre auf meinen Großgrundbesitz Haiti, ich fahre auf meinen Großgrundbesitz Costa Rica…". Alle unterentwickelten Länder, die kapitalistisch funktionieren, werden Großgrundbesitze sein.

Das heißt, die Welt wird vom Kapitalismus zu seinem Großgrundbesitz gemacht, vom Patron, wenn er regieren will, wenn wir das zulassen. Und unsere Frage, wir die wir ZapatistInnen sind lautet: "Warum ändern sie – die Kapitalisten – die Art und Weise, wie sie ausbeuten? Warum ändern wir unseren Kampf nicht, damit wir uns retten?"

Daher habe ich euch erzählt, was unsere Urgroßväter, wo wir Indigenen herkommen, gemacht haben. Sie sagten, dass sie sich irrten, als sie sagten, dass der oder der uns angeführt hat. Aber sie ließen es nicht dabei bewenden. Sie suchten eine andere Form, um den Kampf fortzusetzen, um von dort wegzugehen, wo der Patron ist und sagten: "Niemand hat uns angeführt", "Alle sind wir wir".

Daher, warum jetzt und warum wir? Weil der Kapitalismus jetzt nicht nur uns, die wir Indigene sind, zum Leiden hier auf dieser Welt verurteilt. Jetzt leiden wir alle, die vom Land und die aus der Stadt. Das heißt, Indigene und Nicht-Indigene. Daher die Frage, was werden wir machen?

Wir hier, die ZapatistInnen, die wir so leben, nun denn, in der Scheiße des Kapitalismus! Wir kämpfen noch immer, wir kämpfen weiter und wir werden weiterhin kämpfen. Klein wie wir sind, aber wir zeigen, – wie es uns die Urgroßväter gelehrt haben – dass es eine Form gibt, wie es gehen kann. Wir haben unsere kleine Freiheit. Es fehlt also, dass wir Mexiko befreien. Aber wir sagen dann: Wie werden wir uns alle auf der Welt befreien?

Aber hier, in diesem winzigen Teil der Welt, in Chiapas, da haben die Compañeras und Compañeros ihre Freiheit alles zu machen, worauf sie Lust haben. Sie haben alles in ihren Händen, was Autonomie und Unabhängigkeit bedeutet.

Aber wie werden wir das machen? Was werden wir machen? Denn wir sehen jetzt das, was wir gesagt haben, dass die Welt sich verändern wird, dass der Kapitalismus sie in ihren Großgrundbesitz verwandeln will.

Daher seht selber zu, denkt darüber nach, analysiert es! Schaut, wo ihr lebt, wo ihr euch befindet, ob ihr nicht in der Kapitalistenscheiße steckt und was ihr da machen könnt! Denn das macht der Kapitalismus jetzt.

Und jetzt wird der Subcomandante Insurgente Galeano das Wort ergreifen.

Sub Moy

 

übersetzt von: Christine, RedmycZ