Das Treffen der Indigenen Völker von Amerika
Als das Geld hier ankam ...


Guten Abend!

Wir möchten zuallererst der Familie Monroy danken, die unter heroischen Bedingungen diese Farm unterhält, diesen Ort der Gastfreundschaft und des Lernens, an dem die Kinder und Jugendlichen dieses Landes und aus anderen Teilen der Welt lernen können, wie wichtig es ist, die Natur zu bewahren und zu achten.

Vor einem Jahr waren wir im Oktober hier im Nordwesten Mexikos, in Sonora. Und es war das Wort der Tohono Odham, das uns darauf aufmerksam machte, was hier auf diesem Territorium geschieht. Die Stimme, die zu uns sprach war indigen und gehörte einer Frau: Ofelia Rivas.

Sie war es, die uns darauf brachte, darüber zu sprechen, was mit Mutter Erde geschieht, der Luft, dem Wasser, den Tieren ...

Sie sagte uns, dass die Grenzen und das Geld das indigene Gebiet geteilt hatten und dass dadurch unter anderem eine der an Biodiversität reichsten Zonen auf der ganzen Welt vernichtet wird, die sich hier in Sonora befindet, nämlich die Wüste.

Als das Geld hier ankam, privatisierte es die zeremoniellen Zentren in denen unsere Weisen und die Ältesten unserer Stämme es schafften, die Welt und die Natur miteinander ins Gleichgewicht zu bringen.

Alle kommenden Desaster, so sagte sie uns, rühren daher, dass der Respekt vor Mutter Erde verloren gegangen ist und sie in eine Prostituierte verwandelt wurde, die jedem verkauft wird, der Geld hat.

Jene, die den Auftrag haben, sie zu bewahren, die Indigenen Völker, sind angegriffen und vernichtet worden. Der Tohono Odham, der Pápago, ist ein Ausländer auf seinem eigenen Land. Genau wie die Nation Coomcaa, die Seri, die Pima, die Mayo Yoreme und die Yaqui.

Für das Geld sind diese zweifach unsichtbar. Unsichtbar, weil sie nicht produzieren und nicht kaufen, keine Kreditkarten besitzen. Und unsichtbar auch, wenn es um ihre Rechte geht.

Es war in Sonora, wo wir die Indigenen Völker des Nordens Mexikos entdeckten. Und nur wenige Monate nach den Worten von Ofelia Rivas legte die Natur hier in Sonora, in Mexiko und auf dem ganzen Kontinent die Rechnung vor.

Naturkatastrophen brachen aus, zur falschen Zeit und am falschen Ort. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren erlitt Sonora den Ansturm eines Zyklons oder eines Orkans, der die Häuser und das Eigentum vieler armer Leute zerstörte. Als ob die Natur davor warnte, was später folgen wird, wenn wir nichts unternehmen.

Zur gleichen Zeit da dies geschieht, verkauft man uns dort oben eine Lüge. Für die da oben und für viele Menschen sind die indigenen Völker Nordamerikas das, was uns das Hollywood-Kino vorsetzt. Sie sind die Statisten, bei deren Tötung die Güeros [die "Blonden"] sich hervortun können. Oder sie dienen als Witzfiguren, als ob die Indígenas hier in Mexiko nichts weiter wären als Marionetten oder Clowns. Als ob der Indígena in Nordamerika das Sinnbild eines Verbrechers wäre und der Indígena aus Mexiko das Sinnbild eines Taugenichts.

Einer der Vorsätze dieses Treffens ist, mit diesem falschen Bild von uns selbst zu brechen. Wir müssen uns nicht Spezialisten oder Büchern zuwenden, um die nordamerikanische indigene Bevölkerung kennen zu lernen, sondern den eigenen Führern, Häuptlingen und Delegierten dieser Stämme.

In diesen Tagen und in diesen Stunden überqueren Hunderte indigener Völker des gesamten Kontinents, vertreten durch ihre Delegierten, das Land, die Luft und die Meere dieser Kontinente, um sich in Vicam auf dem Gebiet des Yaqui Stammes hier in Sonora zu versammeln. Das wichtigste an diesem Treffen ist, dass unsere Stimme als indigene Völker von den anderen gehört werden kann, dass wir unsere Schmerzen selbst benennen und anfangen können, dem Heilmittel einen Namen zu geben.

Die Mission, die wir als indigene Völker haben, ist einfach: die Welt zu retten. Es geht hier nicht darum, wer etwas hat und wer nicht. Die neuen Naturkatastrophen, die den Kontinent und die ganze Welt heimsuchen, werden sich bei ihren Zerstörungen nicht nach Bankkonten, der politischen Zugehörigkeit, Glaubensrichtung oder Hautfarbe richten.

Was wir wissen, ist, dass die Regierung diese Katastrophen benutzt, um in den Medien Verlautbarungen zu machen, aber nicht, um das Problem zu lösen.

Wir denken dass es die Menschen unten sind, die indigenen Völker des Kontinents und die Menschen aller Farben, die mit uns stehen, die etwas unternehmen müssen, um der Erde die Ehre zurückzugeben, die sie uns gegeben hat, nämlich zu leben.

Es ist ein Zeichen, ein gutes Zeichen, das das Treffen der Indigenen Völker von Nordamerika auf dem Gebiet der Tohono Odhams beginnt, und zwar am gleichen Tag, an dem ein Mann zur Stunde seines Todes von der Einigkeit dieses Kontinents träumte: Ernesto Che Guevara.

Wir setzen viel Hoffnung auf euer Wort, und auf das, was wir daraus lernen werden. Und wir hoffen, dass viele Menschen auf der ganzen Welt, in den Medien und in allen Winkeln dieses Planeten gemeinsam mit uns aus eurem Wort, aus eurer Geschichte, aus euren Schmerzen, und aus der Medizin, lernen werden, die kollektiv sein wird oder auch nicht.

Vielen Dank!

Subcomandante Insurgente Marcos