Subcomandante Marcos


Guten Abend. Bevor ich beginne, möchte ich eine Person nach oben zu uns einladen, die in der Geschichte der EZLN sehr wichtig gewesen ist. Ihm verdankt die EZLN den ersten Samen. Ich persönlich verdanke ihm mehr als mein Leben. Er hat mir die Richtung, den Schritt und das Schicksal gewiesen. Einige von euch kennen ihn als den Architekten Fernando Yañez, wir Zapatisten kennen ihn als Comandante German.

Wir haben diesen Compañero gebeten die, Leitung des Büros von Enlace Zapatista zu übernehmen, durch das die EZLN und die Sechste Kommission mit allen Compañeros und Compañeras der Anderen Kampagne in Kontakt bleiben wird. Er wird uns auch dabei helfen, die Beziehungen mit politischen linken antikapitalistischen Organisationen in Mexiko und auf der Welt aufrechtzuerhalten. Meine ersten Worte sind nur an die Compañeros und Compañeras der EZLN gerichtet.

(Worte auf Tzotzil)

Dies ist unser kleines Wort für euch alle, Männer, Frauen, Kinder und Alte der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, Unterstützungsbasen, lokale und regionale Verantwortliche, autonome Autoritäten, Milizionäre, Aufständische, Offiziere und Comandantes und Comandantas des Geheimen Revolutionären Indigenen Komitees, Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung.

Wir brechen jetzt auf, um unser Wort in der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald zu erfüllen. Es liegt an mir vorauszugehen, um zu sehen, wie der Weg ist, den wir gehen werden, und ob es Gefahren gibt, und um das Gesicht und das Wort derer kennenzulernen, die Compañeros und Compañeras sind, aber eine andere Art haben. Um unseren zapatistischen Kampf mit dem Kampf der Land- und Stadtarbeiter unseres Landes zu vereinen, das Mexiko heißt.

Falls mir etwas Schlimmes zustoßen sollte, solltet ihr wissen, daß es eine Ehre gewesen ist, an eurer Seite zu kämpfen. Ihr seid die besten Lehrer und Leiter gewesen, und ich bin sicher, daß ihr unseren Kampf weiterhin auf einen guten Weg führt und uns mit dem Wort Würde beibringt, besser zu sein. Wir sind Wind, wir fürchten uns nicht, im Kampf zu sterben.
Das gute Wort wurde in gute Erde gepflanzt. Diese gute Erde ist euer Herz, und darin blüht bereits die zapatistische Würde. Danke, Compañeros und Compañeras der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, die ihr gekommen seid, um uns zu begleiten.

Compañeros und Compañeras der Anderen Kampagne, ich möchte hier eines Compañeros gedenken, der vor zwölf Jahren in den ersten Stunden des ersten Januars 1994 gefallen ist, und der auf den Tag gewartet hat, an dem das Wort der EZLN von Männern, Frauen, Kindern, Alten, Organisationen, Kollektiven, Gruppen und Personen begleitet wird, die nicht der EZLN angehören. Mit seinem Namen möchte ich auch alle Compañeros und Compañeras in Erinnerung rufen, die in diesen zwölf Jahren des Kampfes gefallen sind. Ich rufe sie in Erinnerung, und bitte im Namen von Compañero Subcomandante Insurgente Pedro, um eine Minute des Schweigens für alle gefallenen Compañeros.

(Schweigeminute)

Danke, Compañeros.

Compañeros und Compañeras der Anderen Kampagne, wir möchten die Gelegenheit ergreifen, um euch, die hierher gekommen sind, und anderen Compañeros und Compañeras, die nicht anwesend, aber Teil unserer Bewegung sind, zu erklären, was wir in unserem ganzen Land Mexiko begonnen haben

Als unser Marsch sich näherte und den Boulevard erreichte, löschten die Autoritäten wie zuvor ausgemacht die Lichter der Hauptstrasse aus. Und genau darum geht es: Die von oben versuchen, uns mit Dunkelheit zu umgeben. Uns, ich spreche nicht von der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, sondern von uns, der Anderen Kampagne, und alle, die sich der Sechsten Erklärung angeschlossen haben. Und genauso wie wir diese dunkle Strecke durchquert haben, Stückchen für Stückchen, langsam, mit vorsichtigen Schritten, so muß auch der Beginn der Anderen Kampagne sein. Der Augenblick wird kommen, wie es auf diesem Marsch gewesen ist, an dem alles überwunden ist, und die Lichter angezündet blieben mit einem neuen Glanz, dem wir ihnen verleihen können, durch unseren Kampf und unsere Worte, vom einen zum anderen, unten und links.

Der Hauptadressant der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald reichte bereits einige Monate nach ihrer Emission die Quittung ein. Die große Macht des Geldes in Mexiko unterzeichnete das, was als Sechste Gegen-Erklärung bezeichnet werden könnte und öffentlich als Vertrag von Chapultepec bekannt ist, der in diesem Schloß unterzeichnet wurde. Zuvor war die mexikanische politische Klasse zusammengerufen und versammelt worden und stellte sich in ihrer ganzen lächerlichen Erscheinung im Palast der Schönen Künste zur Schau. Jene, die uns jetzt bitten, alles zu vergessen, unsere Nöte, unsere Kämpfe, und alles in ihren Dienst zu stellen, damit sie für uns entscheiden können, entscheiden dort, in den Schlössern und Palästen dieses Landes.

Die Andere Kampagne und die Sechste Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald haben unser Schicksal und unser aller Kurs klar definiert. Wir können nun sagen, daß am ersten Januar 2006 die gemeinsamen Kräfte der Anderen Kampagne die Stadt von San Cristóbal de las Casas für sich eingenommen haben, das Symbol des Hochmutes und der Arroganz der Oberen.

Wir möchten insbesondere unsere indigenen Brüder und Schwestern aus der Colonia von Hormiga begrüßen. Sie wurden aus ihren Gemeinden vertrieben, weil sie eine unterschiedliche religiöse Glaubensrichtung ausübten. Und die Stadt, die sie hinausjagte, hat vergessen, daß es diese Brüder und Schwestern waren, die gemeinsam mit uns Zapatisten diese Kathedrale gebaut haben, diesen Palast, diese Strassen, diese Häuser, die ihnen versperrt sind, und die Gehsteige, die sie nicht benutzen durften, sondern in der Mitte gehen mußten wie Tiere.

Die Sechste Erklärung schlägt vor zu gehen, zu sprechen, zuzuhören, und mit allen Einigungen zu erzielen, die die Maschinen zum Laufen bringen, die das Land bebauen, die Dienstleistungen und Produkte aller erbringen, und denen letztlich nichts bleibt.

Wir gehen nicht zu den großen Mobilisierungen. Wir haben den heutigen Tag so begonnen, weil wir allen Compañeros und Compañeras der Anderen Kampagne eine Botschaft schicken möchten. Mehrere Tausend Männer, Frauen, Kinder und Alte der Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung kamen hierher, nach einem tagelangen Fußmarsch, um die Stadt zu erreichen, und sind hier, um euch zu sagen, daß wir alles, was wir haben, in die Sechsten und Anderen Kampagne legen wwerden.
Unser Leben ist das wenigste, das wir haben, unsere ganze moralische Autorität, das ganze Ansehen, das wir uns erworben haben, werden in diese Initiative gelegt. Wir wiederholen die Frage, die wir zuvor gestellt haben. Was werdet ihr in die Andere Kampagne einbringen? Wir hoffen, daß es euer Herz und euer Wort sein wird, das wir hören möchten und das wir um Hilfe bitten, um das Wort der Anderen hören zu können. Es mag einfach erscheinen, tausende Indígenas zu versammeln, aber das konnten wir nur mit Hilfe der Räte der Guten Regierung schaffen, und die Compañeros und Compañeras die gekommen sind, haben hunderte von Meilen zurückgelegt.

An dieser Stelle möchte ich einen besonderen Gruß an meine Compañeros und Compañeras Insurgentes und Insurgentas richten, die sich seit dem 19. Juni letzten Jahres im Roten Alarm befinden und sich für alle Fälle in ständiger Bereitschaft halten, um unsere Pflicht zu erfüllen, die Verteidigung unserer Leute. All diese tausende Männer und Frauen, die durch ihre kleine Statur und ihre braune Hautfarbe, die hinter ihren Skimasken zu erkennen ist, eindeutig zu identifizieren sind, sind der Organisation nicht in einem massiven Akt beigetreten. Um die EZLN wachsen zu lassen und zu bilden, haben wir mit ihnen gesprochen, ihnen dort zugehört, wo sie arbeiteten, dort wo sie litten. Nicht in großen Versammlungen, nicht in Aufmärschen, sondern an ihrem Arbeitsort, wo man den Rassismus, das Ausplündern, die Ausbeutung eines Systems erlebt, das viele Gesichter hat, aber nur einen Namen: Kapitalismus.

Die Sechste Erklärung und die Andere Kampagne haben eine sehr klare Linie herausgearbeitet, nachdem wir euch gebeten hatten, links und antikapitalistisch zu definieren. Nicht als Mitte, auch nicht als Halbmitte, nicht als gemäßigte Rechte, nicht als rationale oder institutionelle Linke, sondern links, wo sich (wie wir das sagen) das Herz befindet und die Zukunft, das Kommende, das Morgen. Wir möchten allen Compañeros und Compañeras danken, die sich bist jetzt der Sechsten Erklärung angeschlossen haben und sich die Andere Kampagne zueigen gemacht haben. Von diesem Augenblick an, seid ihr unsere Compañeros und Compañeras.

Wenn wir Zapatisten auf etwas stolz sein können, dann darauf, daß wir unseren Compañeros und Compañeras gegenüber loyal zu sein wissen. Deshalb werden wir es in dieser ersten Etappe zur Hauptsache machen, mit unseren Compañeros und Compañeras zu sprechen. Ich sage dies, weil viele große Mobilisierungen erwarten, große Demonstrationen, und dann sehen werden, daß Delegado Zero es vorzieht, mit denen zu sprechen, die sich bereits für die Sechste und die Andere Kampagne definiert haben, ihrem Wort zuzuhören, und sie respektvoll bitten, uns zu helfen, die richtige Weise zu erlernen, um mit den Arbeitern vom Lande und aus der Stadt, in der sie leben und in der sie ihre moralische und politische Autorität errichtet haben, zu sprechen. Ich spreche von den linken politischen Organisationen, kommunistisch, libertär, anarchistisch, und jenen, die sich noch nicht definiert haben, oder in dieser Definition noch fehlen, von Gruppen, kulturellen Kollektiven, alternativen Medien, Nichtregierungsorganisationen, Organisationen für die Rechte der Frauen, der Homosexuellen, der Lesben, von den anderen Anderen, von allen, die wir sind, und die wir durch ein Huhn symbolisieren möchten, das krumm läuft und sehr anders ist, der Pinguin. Da hinten muß er irgendwo herumlaufen ... er ist auf dem Motorrad mitgefahren, ihm ist schwindlig.

Wir möchten euch deshalb sagen, daß unsere Priorität darin liegt, Compañeros zu werden, euch kennenzulernen, und daß ihr uns kennenlernt. Unsere Erfahrung hat uns gelehrt, daß im Kennenlernen der Respekt geboren wird, und als Compañeros und Compañeras müssen wir uns respektieren. Wir haben alle, die der Sexta beigetreten sind, unter zwei Garantien eingeladen: eine, daß dies nicht schnell enden, und daß es keine Entschädigungen geben wird, und die andere, daß wir alle einen Platz haben werden, ob groß oder klein, rot, schwarz, weiß, dick, dünn, wie auch immer, alle werden einen Platz haben, und wir in unserem Platz als Zapatisten innerhalb der Anderen Kampagne werden diesen Raum immer verteidigen, den dafür wurde die Sexta gemacht, und dafür beginnt die Andere Kampagne.

Wir beginnen morgen, hier in der Stadt von San Cristóbal, mit zwei Compañeros und Compañeras von den Las Sextas Coletas oder der Anderen Kampagne hier in San Cristóbal und im ganzen Hochland. Danach gehen wir nach Palenque, dann nach Tuxtla, nach Tonalá, Huixtla, nach Moisés Gandhi, und danach sind wir in Chiapas fertig und fangen in Yucatán und Quintana Roo an. Wir werden euch überall, wo sich die Gelegenheit bietet, über die Aktivitäten und darüber, was wir tun werden, informieren.
Wir bitten euch um Verständnis für die Definition dieser ersten Etappe. Wir wissen, daß ihr hofft, uns bei großen Veranstaltungen zu sehen oder an Runden Tischen oder Buchpräsentationen oder in Interviews mit großen Intellektuellen oder Massenmedien, und dann werdet ihr sehen, daß wir es vorziehen, Compañeros zu sein, die es vorziehen, mit den Personen zu sprechen und ihnen zuzuhören, die so weit im Hintergrund stehen, daß sie kaum hören können, was ich sage, und daß für uns euer Wort wichtig ist.

Compañeros und Compañeras, zum ersten Mal beenden wir eine Veranstaltung am ersten Jänner nicht mit dem Ruf "Es lebe die EZLN", sondern als Compañeros und Compañeras, die wir sind, mit "Es lebe die Andere Kampagne"! Danke.

Subcomandante Marcos