Hermano Sol
Die Bewegung der indigenen Bauern in Chiapas

Auch in der Sierra Madre (Chiapas) leben indigene Bauern unter sehr schwierigen Bedingungen. Der mühsam angebaute Kaffee als wichtigstes Anbauprodukt dieser Region bringt kaum genügend Geld, um zu überleben. Wer selbst kein Land hat, arbeitet für einen Tageslohn von maximal 30 Pesos (= 3 Euro) als Saisonarbeiter in den Plantagen der Grundbesitzer. Die Dorfgemeinschaften sind von Elektrizität, Leitungswasser, Drainage, Straßen und medizinischer Versorgung abgeschlossen.

Aufgrund dieser Umstände organisierte sich 1998 eine kleine Gruppe von Bauern und gründete die Organisation "Hermano Sol", um Lösungen für ihre Probleme zu finden.

Ihr Ziel ist, die katastrophalen Lebensverhältnisse zu verbessern, um ökonomische Unabhängigkeit im Bereich Ernährung zu erreichen, Wege für eine nachhaltige Entwicklung zu finden und als Endziel Autonomie zu erlangen.

Von der Überlegung ausgehend, daß jede wirkliche Veränderung nur von den Betroffenen selbst ausgehen kann, ist der wichtigste Punkt des Projekts zur integralen Gemeinschaftsentwicklung die Ausbildung von Multiplikatoren (Promotoren) aus den Dorfgemeinschaften (Comunidades). Diese lernen, ihre Realität zu verstehen und auf organisierte Weise zu reflektieren. Ihre Aufgaben sind das Vorantreiben der inneren Organisation, der gemeinschaftlichen Konfliktlösung und Bewußtseinsbildung.

In diesem Teil der Schulung wird mit Themen wie Menschenrechte, Politik, Wirtschaft, Soziologie, aber auch Bewußtseinsbildung, Anerkennung der eigenen Kultur, Perspektive der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Selbstbewußtsein, etc. gearbeitet, um neben den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch eigene Verhaltensmuster zu analysieren und Alternativen für beide Bereiche zu entwickeln.

Auf diese Weise wurden bereits mehrere Projekte gestartet, mit denen die Betroffenen an der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen arbeiten: Im Bereich Gesundheit wurde eine Rückbesinnung auf das Wissen der Vorfahren in der Kräuterkunde und der traditionellen Medizin eingeleitet, im Bereich der Bildung werden alternative Schulen mit eigenen Lehrplänen geschaffen, in denen die Kinder lernen, selbst zu reflektieren, und in der Kaffeeproduktion wird als erster Schritt ein fairer Handel zwischen Land und Stadt aufgebaut. Außerdem wird an der Erhöhung der Produktion der Grundnahrungsmittel gearbeitet, ausgehend vom Prinzip der Entwicklung von innen, der Selbstversorgung und des Austauschs, beispielsweise zwischen den Bauern der Sierra und den Fischern an der Küste.

Julio Arce und Helena Blanco sind Teil des Förderungsteams der Organisation und arbeiten seit vier Jahren an der Schulung ihrer Kollegen in der Sierra. In einem offenen Brief an Nichtregierungs-organisationen in Europa schreiben sie:

"Wir werden im Frühjahr 2002 nach Europa reisen, um menschliche und materielle Unterstützung zu suchen. Unser Wunsch wäre, Menschen zu finden, die sich durch ihre Unterstützung an unserem Projekt beteiligen.
Momentan haben unsere Kollegen bereits den Level erreicht um zu handeln. Aber es fehlt an Material und Geld. Alle Projekte, die bisher realisiert wurden, wurden durch große Anstrengungen selbst zustande gebracht. Ohne finanzielle Mittel konnten diese Projekte zwar noch nicht viel zur Selbstversorgung beitragen, die Comunidades lernten jedoch, kollektiv zu arbeiten.
Aus diesen ersten, kleineren Aktivitäten wurde viel gelernt, und die Dorfgemeinschaften sind bereit, größere Projekte anzugehen, um ihr Ziel der Selbstversorgung weiter zu verfolgen. Die ersten Schritte auf diesem langen Weg wurden bereits begonnen.
Wir sind interessiert, euch kennen zu lernen und ein Netz der Solidarität aufzubauen, denn wo immer wir uns befinden: die Probleme wie auch die Träume sind die selben ...
Wir hoffen, mit euch sprechen zu können, um zu sehen ob wir etwas Gemeinsames aufbauen können. Danke, daß ihr unseren Glauben an die Solidarität zwischen den Völkern stärkt. Wir wünschen euch viel Kraft, um weiter für eine bessere Welt zu kämpfen."


Helena und Julio im Grazer Stadtpark (Juni 2002)

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Brief von Hermano Sol